In meinem Beitrag über Affirmationen habe ich darüber geschrieben, wie wichtig das ist, was du denkst. Ist ja klar, das ist ja der Witz am Mentaltraining, oder? Genau. Aber das will eben richtig gemacht werden. Und öfter als du und ich es glauben wollen, denken wir Dinge, die uns gar nicht bewusst sind – die aber trotzdem einen sehr grossen Einfluss auf das haben, was wir tun oder nicht tun: Unsere Glaubenssätze.
Ein Glaubenssatz ist, simpel gesagt, ein Satz, den du glaubst. Darum heisst er so. Welche Glaubenssätze du hast, weisst du aber wahrscheinlich nicht – und das ist nicht gut.
Ein paar Glaubenssatz-Beispiele zum Aufwärmen
Ein Glaubenssatz ist nämlich nicht bewusst ausgewählt. Das unterscheidet ihn von einer Affirmation: Die Affirmation suchst du dir selber aus und wiederholst sie für dich. Der Glaubenssatz hat sich irgendwann ganz heimlich in dein Unterbewusstsein geschlichen und treibt dort seine Spiele. Im Guten wie im Schlechten, wie die folgenden Beispiele zeigen:
- Schule ist blöd
- Ich hasse Sommertraining
- Ich bin zu dumm für sowas
- Schreiben konnte ich schon immer gut
Als Mentaltrainerin ist es natürlich Teil meines Jobs, sehr genau hinzuhören und meinen Klienten zu helfen, ihre Glaubenssätze aufzuspüren. Dazu habe ich vor einer Weile im Internet ein schönes Beispiel gefunden. Im Video siehst du einen Profi-Hockeyspieler (Denis Hollenstein), der zu einigen „Stichworten“ befragt wird. Hör genau hin, wie unterschiedlich er die Fragen zu „Alkohol“ und „Rauchen“ beantwortet. Es ist zwar Schweizerdeutsch, aber das kriegst du hin ;-)
Es ist kein Geheimnis, dass Sportler ab und an ein Bier trinken. Das merkt man seiner Antwort zum ersten Stichwort auch an. Auf das Stichwort „Rauchen“ antwortet er dann aber wie aus der Pistole geschossen: „Das ist gar nichts für mich“. Das klingt für mich sehr nach Glaubenssatz – einer, der Denis in seinem Leben sicher gut hilft! Warum ich denke, dass dies ein Glaubenssatz ist? Erstens, weil die Antwort fast reflexartig kam. Er hat überhaupt nicht überlegt, was er zu dem Thema sagen will; sein Unterbewusstsein hat sofort geantwortet. Zweitens, weil ich die Formulierung seltsam finde. Es klingt für mich nach etwas, das man einem Kind sagt, das eine Zigarette in die Hand nehmen will: „Das ist gar nichts für dich“. Und wenn man das als Kind oft genug hört, dann beginnt man es zu glauben. Was ja, wie das Beispiel Rauchen deutlich zeigt, nicht das Schlechteste sein muss.
Warum es wichtig ist, dass du deine Glaubenssätze kennst
Und gleich noch ein Beispiel, das sehr gut zeigt, wie ein Glaubenssatz funktioniert: Ein Freund von mir ist Treuhänder. Er hatte mal eine Kundin, die schon über 80 war, die sehr viel Geld besass. Er fragte sie, was sie denn damit machen wolle. Die Dame darauf: „Das muss ich sparen fürs Alter!“.
Du lachst jetzt vielleicht, aber es illustriert sehr schön, wie ein Glaubenssatz funktioniert: Da ist irgend etwas, das man glaubt, und das dann stur so bleibt – egal, wie sich die Umstände ändern! Und auch egal, ob sie überhaupt stimmen. Wie ich in den Beiträgen zu den Affirmationen und Selbstgesprächen bereits erklärt habe: Wir glauben alles, wenn wir es oft genug hören – vor allem, wenn wir noch Kinder sind. Wir verinnerlichen einfach, was uns oft gesagt wird. Das hast du im Video am Beispiel „Rauchen“ gut gesehen.
Nun ist es leider nicht immer so, dass wir nur hilfreiche Dinge lernen. Das mit dem Sommertraining ist so etwas: Man muss es ja eh machen, sonst bereut man es dann während der Saison. Sich täglich im Sommer durch etwas quälen hilft der Motivation nun wirklich nicht. Und damit wahrscheinlich auch dem Ergebnis nicht. Weil aber „alle immer“ sagen, dass sie Sommertraining hassen würden, verinnerlichen das auch viele Sportler. Dabei wissen sie gar nicht, warum.
Vielleicht hast du auch von einem Trainer oder Lehrer früher einmal Dinge gehört wie „Richard kann einfach keine Mathe“ oder „Maria ist einfach keine Penalty-Schützin“. Ich weiss nicht, ob das damals wahr war oder nicht. Aber wenn du diese Sätze verinnerlicht hast (weil du sie oft gehört hast), dann sind sie für dich auch heute noch deine innere Realität. Und du benimmst dich ganz unbewusst so, als ob sie stimmen würden. Wie die alte Dame, die weiter Geld „fürs Alter“ zurücklegte.
Dem Glaubenssatz auf der Spur
Ich frage meine Klienten manchmal: „Warum bist du denn keine Penalty-Schützin?“. Die Antworten sind dann meist eher vage: „Weiss nicht, das ist einfach so, das sagen alle immer, das war schon immer so“. Für die Schweizer unter uns: „Ist so weil ist so, bleibt so weil war so“. Oder übersetzt: „Das ist ein Glaubenssatz von mir“. Und genau so findest du heraus, welche Sätze sich denn so in deinem Unterbewusstsein herumtreiben:
Finde zunächst ein Thema. Das kann für einen Triathleten zum Beispiel das Schwimmen sein, oder für eine Hockeyspielerin das Sommertraining, oder Mathe oder Prüfungen: Wo immer dich so ein bisschen der Schuh drückt. Nimm dir Zeit, ein Blatt Papier und einen Stift. Und nun schreibst du einfach auf, was dir dazu in den Sinn kommt. Du musst nicht schön schreiben – einfach gerade heraus das, was dir an Gedanken durch den Kopf geht. Auch wenn die doof oder peinlich oder „sowas darf man nicht denken“ sind. Es sieht ja keiner, was du aufschreibst. Und Ehrlichkeit sich selber gegenüber ist das A und O beim Mentaltraining. Also schreib’s auf, wenn’s schon durch deine Gedanken geistert! Mach so lange, bis nichts mehr kommt und du alles aufgeschrieben hast.
Nun kannst du diesen Wörtern oder Sätzen, die du aufgeschrieben hast, mal ein paar Fragen stellen:
- Kann man das (objektiv) messen? Was würde die objektive Messung sagen?
- Stimmt dieser Satz überhaupt?
- Hat dieser Satz früher einmal gestimmt? Falls ja: Stimmt er immer noch?
- Warum? Welche Gründe gibt es, die dafür sprechen, dass es so ist? Falls es so war: Warum muss es immer noch so sein?
- Wie wäre es denn, wenn es anders wäre? Woran würde ich das erkennen? Wäre das gut oder schlecht?
- Wer hat dir diesen Satz gesagt? Wo hast du ihn zum ersten Mal gehört?
- Hilft mir dieser Satz?
Welchen dieser Sätze möchtest du beibehalten? Welche sollten anders sein, auch wenn sie stimmen? Was müsstest du unternehmen, damit sich das ändert? Und schon hast du wieder Futter für deine Zielsetzung und dein Mentaltraining für die nächsten paar Monate. Bewusst an deinen Glaubenssätzen zu arbeiten wird dir helfen, Blockaden zu beseitigen und deine Motivation für Trainings, Wettkämpfe und Prüfungen zu verbessern. Tu’s!
Wer schreibt hier?
Mein Name ist Katrin Bretscher, ich bin Mentaltrainerin für Sportler und "normale Menschen". Ich habe meine Praxis mit dem Namen "Power & Balance" in Zürich.
Ich habe ursprünglich an der ETH Informatik studiert und von Ballett über Karate bis Eishockey alle möglichen Sportarten trainiert. Nach verschiedenen Anstellungen und Weiterbildungen habe ich mich 2014 mit meiner eigenen Praxis selbstständig gemacht: Ich bin diplomierte Hypnose-Therapeutin, Trainerin für Autogenes Training und Mentaltrainerin.
Hier erfährst du (noch) mehr über mich.