Einschlafen, wenn sich die Gedanken im Kreis drehen

Tipps zum Einschlafen„Einfach“ einschlafen – auch wenn die Gedanken kreisen

Ins Bett fallen und einschlafen – das sollte doch eigentlich einfach sein. Aber manchmal klappt es nicht: Die Gedanken drehen sich im Kreis, der Druck zu schlafen wird immer grösser, der Schlaf immer weniger. Du wirst immer müder, da sollte man doch besser einschlafen können! Aber kaum bist du im Bett, ist dein Hirn hellwach, das Gedanken-Kreisen beginnt von neuem.

Warum ist das so? Und vor allem: Wie wirst du das Gedankenkarussell los, damit du wieder einschlafen kannst?

Warum vor dem Einschlafen Gedanken kreisen

Die kurze Antwort: Weil sie das sonst nicht können. Die lange Antwort: Es gibt Dinge, die beschäftigen dich. Vielleicht ist es deine Partnerschaft oder eine anstehende Prüfung. Gleichzeitig hast du aber auch einen vollen Kalender: Arbeit hier, Hobby dort, Haushalt, Freunde treffen. Wenn du so beschäftigt bist, haben die Gedanken tagsüber keinen Platz, gedacht zu werden.

Das ändert sich, wenn du ins Bett gehst. Jetzt gibt es nichts mehr zu tun, du musst dich auf nichts mehr konzentrieren, an nichts mehr denken. Du möchtest den Schlaf einfach geschehen lassen. Und da sagen sich die Gedanken: „Prima, jetzt ist endlich Zeit für uns!“

Sich tagsüber ablenken kann gefährlich sein: Vielleicht füllst du deinen Tag mit Aktivitäten, damit die Gedanken nicht kommen. Weil sie unangenehm sind. Weil es um Dinge geht, über die du lieber nicht nachdenken möchtest. Das ist sehr verständlich, aber du solltest wissen: Es gibt Leute, die so mit der Zeit Angst davor bekommen, schlafen zu gehen. Weil dann die Gedanken kommen. Unaufhaltsam, weil sie sonst keinen Platz finden. An Schlaf ist dann erst recht nicht mehr zu denken. Auf Dauer ist „Ablenken“ also eine schlechte Strategie.

Warum deine Gedanken überhaupt kreisen

Unser Hirn ist ein Organ, dessen Aufgabe es ist, Gedanken zu produzieren und sie zu verarbeiten. Beim Inhalt deiner Gedanken geht es oft um eine der folgenden drei Kategorien:

  • Das, was du gerade jetzt machst: Ein Buch lesen, den nächsten Ball schlagen, ein E-Mail schreiben.
  • Etwas, das in der Vergangenheit liegt: Ob die Prüfung gut lief? Warum hat Heidi mich so seltsam angeschaut? Dieser dumme Fehler, der mir im Spiel unterlaufen ist!
  • Etwas, das in der Zukunft liegt: Bin ich gut genug vorbereitet? Habe ich alles eingepackt? Wie soll es mit mir weitergehen?

Die Gedanken, die kreisen, gehören meist in die letzten beiden Kategorien: Dein Hirn versucht, die Vergangenheit zu analysieren, die Zukunft vorherzusehen und zu planen. Blöderweise kann es dabei dazu kommen, dass es „hängenbleibt“: Es findet keine stimmige Analyse, die Zukunft ist nicht vorhersehbar, es gibt zu viele Alternativen, du weisst nicht weiter.

Bei Dingen, die dir nicht so wichtig sind, ist das nicht schlimm: „Ach, das werden wir dann sehen – schlafe ich erst einmal“. Wenn deinem Hirn das Thema aber aus irgend einem Grund wichtig ist, dann passiert das nicht. Ein Teil von dir ist der Meinung, dass du jetzt da sofort eine Analyse und einen Plan brauchst. Und so bleibt dein Hirn in der Endlosschleife gefangen: Da ist ein wichtiges Problem, das ich nicht lösen kann, also denke ich mehr darüber nach, ich finde keine Lösung, also ist da immer noch ein wichtiges Problem, das ich nicht lösen kann…

Wie du das Gedankenkarussell stoppen kannst

Ich erkläre das meinen Klienten jeweils etwas salopp: Wenn die Gedanken in deinem Kopf im Kreis herumrennen, dann solltest du ihnen den Ausgang zeigen. Und das geht übers Schreiben.

Meistens stosse ich mit meinem Vorschlag des „Tagebuch-Schreibens“ nicht auf grosse Gegenliebe. Hier ein Beispiel, wie eine solche Unterhaltung häufig läuft:

Klient: Ich weiss, was ich denke, das muss ich nicht aufschreiben.
Ich: Prima, dann wird es dir ja leicht fallen, deine Gedanken aufzuschreiben.
Klient: (Setzt zögerlich den Stift aufs Blatt) Ich weiss doch nicht, was ich jetzt da schreiben soll!
Ich: Aha. Dann weisst du ja gar nicht so genau, was du denkst!

Wir meinen häufig nur, dass wir wissen, was wir denken. In Wirklichkeit sind unsere Gedanken eher abstrakt, mehr Wortfetzen als wirkliche Sätze. Das Schreiben zwingt dich, einen Gedanken zu Ende zu denken.

Schreiben verlangsamt auch. Oft dreht sich das „Gedankenkarussell“ ja in einem ziemlichen Tempo, die Gedanken überschlagen sich. Das kannst du wunderbar ausbremsen, indem du erst einmal einen Gedanken fertig hinschreibst. Keine Sorge: Wenn die anderen Gedanken wichtig sind, dann kommen sie von alleine wieder. Und du schreibst sie auf. Erst einen, und wenn der fertig ist, dann den nächsten.

Wenn wir etwas geschrieben vor uns sehen, dann glauben wir (eher), dass es „wahr“ ist. Auch wenn du es gerade selber geschrieben hast: Durch das Schreiben ist es „echt“ geworden. Das hilft dir auch zu sehen, dass es gar nicht so viele Gedanken sind – sondern ein paar wenige, die sich einfach ganz schnell abwechseln. Wenn du sie so vor dir siehst, fällt es dir auch leichter, die Zusammenhänge zu sehen. Und weil du sie einmal als ganze Sätze hingeschrieben hast, ist es auch einfacher, darüber nachzudenken.

Was soll ich denn schreiben?

Ganz einfach: Das, was du denkst. Wenn du denkst, dass du nicht weist, was du schreiben sollst, dann schreibst du genau das: „Ich weiss nicht, was ich schreiben soll. Ich sitze in der Küche am Esstisch. Ich soll schreiben. Mir ist das unangenehm. …“

Wichtig dabei: Es geht ums Schreiben. Und nicht darum, dass irgend jemand das später liest. Halte dich also nicht damit auf, deine Rechtschreibung zu korrigieren oder an einer Formulierung zu feilen. Ganze Sätze, einer nach dem anderen. Einfach schreiben.

Zensiere dich selbst auf keinen Fall! Der Gedanke, den du nicht hinschreiben willst, dreht sonst weiter in deinem Kopf seine Runden. Er ist also ohnehin da – du kannst ihn gerade so gut aufschreiben.

Auf Englisch heisst diese Technik übrigens „Freewriting“ („freies Schreiben“). Unter diesem Stichwort findest du im Internet noch viele weitere Anleitungen, zum Beispiel hier. Aber am besten hörst du erst einmal auf zu lesen und schreibst gleich jetzt los: Nimm ein Blatt und einen Stift und schreibe. Einfach drauflos!

Du merkst selber, wenn du fertig bist. In meinen Rekordzeiten habe ich manchmal drei Stunden am Stück geschrieben – zum Glück nicht nachts! Je häufiger du schreibst, desto mehr wirst du merken: Es wird immer weniger, und der Schlaf immer leichter.

Es wäre also eine gute Idee, wenn du dich tagsüber zum Schreiben hinsetzt. Du darfst aber auch nachts schreiben. Setze dir selber ein Timeout: Wenn du zum Beispiel nach einer Stunde im Bett immer noch nicht schlafen kannst, dann stehst du auf und gehst schreiben. Das bringt dich dem Einschlafen ganz sicher näher, als wenn du dich weiter herumwälzt.

Was du sonst noch machen kannst, um besser einzuschlafen

„Sich Sorgen machen“ – das tut jeder Mensch. Aber nicht alle gleich viel: Es gibt gelassenere und nervösere. Und Gelassen-Sein kann man trainieren: Etwa mit Achtsamkeits-Meditation oder mit Autogenem Training. Wie das genau geht, habe ich hier beschrieben. 

Gelassener zu werden bringt automatisch mit sich, dass der Stress in deinem Leben weniger wird. Oder besser gesagt: Du lernst, anders damit umzugehen. Prüfung? Ist eh schon geschrieben. Chef? Soll sie dreinschauen, wie sie will. Und du? Schläfst jetzt erst einmal ein.


 
Katrin Bretscher, Mentaltrainerin Zürich

Wer schreibt hier?

Mein Name ist Katrin Bretscher, ich bin Mentaltrainerin für Sportler und "normale Menschen". Ich habe meine Praxis mit dem Namen "Power & Balance" in Zürich.

Ich habe ursprünglich an der ETH Informatik studiert und von Ballett über Karate bis Eishockey alle möglichen Sportarten trainiert. Nach verschiedenen Anstellungen und Weiterbildungen habe ich mich 2014 mit meiner eigenen Praxis selbstständig gemacht: Ich bin diplomierte Hypnose-Therapeutin, Trainerin für Autogenes Training und Mentaltrainerin.

Hier erfährst du (noch) mehr über mich.