Übertraining, was ist das?

Halte die Hantel, so lange du kannstWas, wenn man die Hantel einfach nicht mehr heben kann? Foto: tableatny / flickr

Training ist anstrengend – und Training macht uns nicht fitter. Das überrascht dich? Sollte es nicht: Du warst sicher auch schon einmal nach einem Training so richtig „kaputt“ und nicht mehr ganz so fit und leistungsfähig wie zu Beginn des Trainings.

Was uns fitter macht, ist die Pause zwischen den Trainings: Hier hat der Körper die Gelegenheit, sich zunächst einmal von den Strapazen des Trainings zu erholen und, wenn er das geschafft hat, sich der Belastung anzupassen: Er baut Muskeln auf, produziert mehr rote Blutkörperchen und so weiter. Plane deshalb deine Pausen gut – oder du riskierst, ins sogenannte Übertraining zu geraten. Was ist das genau?

ÜbertrainingWenn Trainings zu schnell aufeinander folgen, sinkt das Fitness-Level Bild: Katrin Bretscher

Im Bild rechts siehst du das Fitness-Level über die Zeit von zwei Athleten. Beide machen 5 Trainings, beide machen Trainings, die gleich anstrengend sind: Nach dem Training verlieren beide im gleichen Mass an Fitness. Danach steigt bei beiden das Fitness-Level wieder an: Der Körper erholt sich. Der eine Athlet macht allerdings sehr viel kürzere Pausen zwischen den Trainings als der andere. Sein Körper hat sich von einem Training noch gar nicht vollständig erholt, als er schon wieder das nächste Training macht. Sein Fitness-Level sinkt – obwohl er viel öfter trainiert als der andere Athlet!

Der „fleissigere“ Athlet gerät also ins Übertraining: Sein Körper hat keine Zeit mehr, sich vom Training zu erholen – geschweige denn, sich der Belastung anzupassen (die sogenannte Superkompensation, den Aufbau von Muskeln usw.). Das ist für diesen Athleten sehr frustrierend – da trainiert er hart und fleissig und ist immer weniger fit. Und was machen wir, wenn wir das Gefühl haben, nicht fit zu sein und nicht mithalten zu können? Richtig, wir trainieren noch mehr. Ein Teufelskreis!

Neben dem, dass man trotz Training immer weniger fit wird, gibt es noch andere Anzeichen für Übertraining:

  • Keine Lust mehr – die Motivation für den Sport schwindet, es macht einfach keinen Spass mehr. Nicht selten landen solche Athleten im Mentaltraining, um Hilfe bei ihren Motivationsproblemen zu finden.
  • Müde und gereizt – wen wundert’s: Du fühlst dich müde, erschöpft, hast Schmerzen in den Muskeln und Gelenken. Das hilft natürlich nicht, bei guter Laune zu bleiben: Du bist gereizt, dünnhäutig und schläfst vielleicht auch schlecht.
  • Grippe-ähnliche Symptome – Du bist oder fühlst dich krank, doch die vermeintliche Grippe will und will einfach nicht ausheilen.

Falls du denkst, du könntest jetzt im Übertraining sein: Du bist in guter Gesellschaft. Eine Umfrage unter Schweizer Spitzenathleten hat ergeben, dass 30% mindestens einmal in ihrer Karriere einen Zustand des Übertrainings erfahren haben. Trotzdem sind es Spitzenathleten geworden oder geblieben – Übertraining ist also in keinem Fall eine Sackgasse!

Aber: Man muss es sich eingestehen, dass es soweit ist, und die entsprechenden Massnahmen einleiten. Das Übertraining geht nicht weg, wenn man die Augen davor verschliesst. Und es geht erst recht mit dem bestehenden Trainingsplan nicht weg – der hat ja überhaupt erst zum Übertraining geführt!

Auch wenn du das Gefühl hast, gar nicht so viel zu trainieren: Für den Körper ist Stress einfach Stress. Wenn du also im Job gerade viel zu tun hast, deine Beziehung oder die Familie dir viel abverlangt, du durch Ängste und andere Dinge zusätzlich belastet bist, dann kann das Übertraining auch von dort herrühren.

Die Frage ist: Wo überall kannst du den Hebel ansetzen? Gibt es jemanden, der auf deine Kinder aufpassen kann? Kannst du im Job oder Studium kürzertreten? Wenn du dort wenig ändern kannst oder willst, dann ist das sportliche Training oft das, was am flexibelsten angepasst werden kann. Du kannst die Intensität und Häufigkeit ändern, eventuell sogar eine Pause einlegen.

Nutze diese Pausen geschickt: Übertraining ist oft nicht (nur) die Folge von zu viel Training, sondern von zu wenig echter Erholung. Echte Erholung bedeutet, dass der Parasympathikus aktiv ist – Videospiele spielen, mit dem Partner streiten und Horrorfilme schauen sind zwar kein physisches Training, aber für den Körper dennoch eine Belastung.

Echte Erholung findest du im Alltag etwa beim Spazieren (ohne Schrittzähler, Handy und Pulsuhr!), Lesen oder allgemeinem Nichtstun. Wenn du etwas trainieren willst, dann trainiere deine Erholung und deine Erholungsfähigkeit: Lerne und übe Progressive Muskel-Relaxation (PMR) oder Autogenes Training. Von beiden Methoden ist wissenschaftlich erwiesen, dass sie nicht nur kurzfristig für Entspannung und Erholung sorgen, sondern auch langfristig das Stressniveau im Körper senken.


 
Katrin Bretscher, Mentaltrainerin Zürich

Wer schreibt hier?

Mein Name ist Katrin Bretscher, ich bin Mentaltrainerin für Sportler und "normale Menschen". Ich habe meine Praxis mit dem Namen "Power & Balance" in Zürich.

Ich habe ursprünglich an der ETH Informatik studiert und von Ballett über Karate bis Eishockey alle möglichen Sportarten trainiert. Nach verschiedenen Anstellungen und Weiterbildungen habe ich mich 2014 mit meiner eigenen Praxis selbstständig gemacht: Ich bin diplomierte Hypnose-Therapeutin, Trainerin für Autogenes Training und Mentaltrainerin.

Hier erfährst du (noch) mehr über mich.