Lampenfieber – und was du selbst dafür tun kannst, um selbstsicher aufzutreten

Mikrofone - nur schon ihr Anblick sorgt oft für LampenfieberAuftrittsangst – wenn du im Scheinwerferlicht stehst, das Mikrofon deine Stimme überall hin trägt… und du dich am liebsten verkriechen würdest

Du hast gelernt, geübt, trainiert – eigentlich weisst und kannst du alles, was es für deinen Auftritt braucht. Wenn da nur nicht der Auftritt selbst wäre. Nervenflattern, flauer Magen, die Angst vor dem Blackout: Das Lampenfieber hat dich fest im Griff.

Und damit bist du alles andere als allein: Wenn du hinter die Bühnen und Kameras sehen könntest, dann wärest du erstaunt, wie auch erfahrene Profis vor dem Auftritt nervös sind. Selbst der „Grösste aller Zeiten“, Roger Federer, berichtet immer wieder davon, während Spielen nervös zu sein. Sucht man im Internet nach „Roger Federer nervös“, dann findet man viele Interviews, in denen er davon berichtet. Während den Spielen sieht das aber kaum jemand – für die meisten Zuschauer sieht er aus wie „Joe Cool“. Und ausserdem gewinnt er seine Spiele oft trotzdem.

Warum habe ich Lampenfieber?

Nun sind wir nicht alle so gut wie Roger Federer, aber lernen kann man daraus trotzdem: Angst und Unsicherheit müssen nicht weg sein, damit du eine gute Leistung bringst – Roger gewinnt ja auch trotzdem! Es ist ok, wenn dein Lampenfieber mit dir auf die Bühne kommt. Es ist ja auch verständlich und normal, bei einer wichtigen Präsentation oder einem wichtigen Wettkampf etwas aufgeregt zu sein. Dein Unterbewusstes weiss, dass dir der kommende Auftritt wichtig ist, und will alles mobilisieren, damit es gut kommt. In diesem Sinn ist es sogar ein gutes Zeichen, etwas nervös zu sein: Du weisst, dass dein Unterbewusstsein voll und ganz bei der anstehenden Aufgabe ist.

Viele erfahrene Künstler berichten auch davon, dass sie meist eine schlechte Vorstellung abliefern, wenn sie vor dem Auftritt nicht nervös waren. Die werden dann nervös, weil sie nicht nervös sind :-) . Etwas Nervosität hilft also dabei, konzentriert zu bleiben, nicht abgelenkt zu sein, ganz bei der Aufgabe zu sein und alles andere auszublenden. Nur meint es das Unterbewusste manchmal etwas zu gut damit und blendet mit „allem anderen“ auch gleich das aus, was du dir für deinen Auftritt vorgenommen hattest. Was du also für deinen souveränen, selbstsicheren Auftritt brauchst, sind ein paar Tricks, die dein Unterbewusstes etwas im Zaum halten.

Vorbereitung ist (fast) alles

Das Wichtigste Mittel gegen Lampenfieber ist eine gute Vorbereitung. Das hört sich jetzt etwas nach Binsenwahrheit an, ist aber wichtig: Rita, mit der ich vor einiger Zeit zusammenarbeitete, war jeweils bereits Wochen vor einer Präsentation sehr besorgt und gestresst. Und zwar nicht unbedingt wegen der Präsentation selber, sondern deshalb, weil sie sich davor fürchtete, „wieder so furchtbar nervös zu sein“. Ihre Auftrittsangst hatte sich also quasi verselbstständigt; sie hatte Angst vor der Angst. Die Gedanken daran nahmen so viel Platz ein, dass sie fast ihre ganze Zeit damit verbrachte, nach Mitteln gegen ihre Auftrittsangst zu recherchieren – anstatt sich mit dem Thema und der Vorbereitung der eigentlichen Präsentation auseinanderzusetzen.

Natürlich bekam ihr Unterbewusstsein mit, dass der Inhalt und die Präsentation selbst nicht vorbereitet waren. Und damit stieg die Nervosität natürlich noch weiter an: „Siehst du, ich hatte recht damit, Angst zu haben davor, dass das Lampenfieber kommt: Es ist jetzt schon da!“. Darum ist die oberste Regel, dass du der Angst den Nährboden nimmst: Bereite dich vor. Wenn du etwas präsentierst oder sagen musst, setze dich mit dem Inhalt auseinander, damit du ihn wirklich verstehst. Dann findest du nämlich auch ganz leicht den Faden wieder, wenn du während deinem Vortrag unterbrochen wirst. Deine Gedanken daran, dass du dann währenddessen nervös sein könntest, müssen warten – sie helfen nämlich nicht. Setze dich also unbedingt mit der eigentlichen Sache auseinander.

Zudem hilft es, wenn du dein Material gut vorbereitest und für den Notfall einen Ersatz dabei hast: Je mehr du dir über mögliche Szenarien Gedanken machst und deinen „Plan B“ zurechtlegst, desto mehr wird sich dein Unterbewusstes beruhigen: Es ist für alles vorgesorgt.

Üben, üben, üben

Üben ist der nächste Schritt aus dem Lampenfieber-Teufelskreis, ob du das jetzt gern machst oder nicht :-) . Der Teufelskreis sieht nämlich so aus:

  1. Ich bin nervös vor einem Vortrag.
  2. Es fühlt sich nicht gut an, Vorträge zu halten und ich mache Fehler.
  3. Ich halte nicht gern Vorträge und ich kann es nicht gut.
  4. Deshalb übe ich sie nicht gern.
  5. Ohne Üben bin ich nicht gut vorbereitet.
  6. Zurück zu Punkt 1.

Dinge, die unangenehm sind, macht keiner gern. Und „etwas nicht so gut können“ ist definitiv unangenehm. Also drücken wir uns davor, es tun zu müssen. Und genau darum drückt man sich auch davor, etwas zu üben – und zwar den Ernstfall zu üben. Bei der Präsentation also wirklich laut und im Stehen vortragen, die Kür zur Musik von Anfang bis Ende laufen.

Dazu kannst du auch gut visualisieren. Dies hilft gerade dann, wenn du nicht weisst, was auf dich zukommt: Als Fussballspieler kannst du so üben, wie du dich richtig verhältst, den richtien Pass mit dem richtigen Timing spielst – ganz ohne, dass du einen Gegner, einen Platz oder einen Ball brauchen würdest. Die einzige Bedingung ist, dass du dir die Szene so realitätsnah und in Echtzeit vorstellst, wie sie sein wird: Mit Zuschauern, Preisrichtern, mit einem Speaker, der deinen Namen für alle hörbar ankündigt.

Beim Üben kann man übrigens die Zuschauer gut simulieren, indem man sich selbst auf Video aufnimmt.

Hilf deinem Selbstvertrauen

In der Psychologie gibt es den Ausdruck „überlernt“. Etwas überlernen bedeutet, dass man es gelernt hat, aber weiterhin daran übt. Man wird dann weiterhin etwas besser. Was aber wichtiger ist: Dein Unterbewusstsein bekommt mit, dass du es jetzt kannst. Jedes Mal, wenn du etwas erfolgreich tust, lernt dein Unterbewusstsein: „Das kann ich“.

Je öfter du etwas gekonnt hast, desto fester wird dein Glaube an dich selbst. So trainierst du nicht nur den Auftritt selbst, sondern auch dein Selbstvertrauen. Das funktioniert übrigens auch, wenn du etwas „nur“ visualisierst!

Mentaltraining gegen das Lampenfieber

Neben dem Visualisieren kannst du natürlich auch andere Techniken des Mentaltrainings nutzen, um dein Lampenfieber zu bekämpfen:

  • Was geht dir jeweils durch den Kopf, wenn du auftrittst? „Jetzt bloss keine Versprecher“? Dann ersetze dieses Selbstgespräch mit etwas, das dir hilft: „Immer mit der Ruhe“. Das wiederholst du einfach innerlich für dich selbst – während dem Üben, während dem Visualisieren und wenn du magst auch während dem Auftritt.
  • Erlerne eine Entspannungstechnik wie etwa PMR oder Autogenes Training. Diese senken das allgemeine Stresslevel in deinem Körper und helfen dir, ruhiger und gelassener zu sein.

Und falls du während dem Auftritt dennoch nervös bist, kannst du eine einfache Atemtechnik anwenden: Zähle einfach während dem Ausatmen. Es ist völlig egal, ob du auf 2 oder 6 zählst – atme einfach ganz normal ein und zähle während dem Ausatmen.

Und schliesslich: Mach es wie Roger, setze dein „Game Face“ auf und zeig, was du kannst!


 
Katrin Bretscher, Mentaltrainerin Zürich

Wer schreibt hier?

Mein Name ist Katrin Bretscher, ich bin Mentaltrainerin für Sportler und "normale Menschen". Ich habe meine Praxis mit dem Namen "Power & Balance" in Zürich.

Ich habe ursprünglich an der ETH Informatik studiert und von Ballett über Karate bis Eishockey alle möglichen Sportarten trainiert. Nach verschiedenen Anstellungen und Weiterbildungen habe ich mich 2014 mit meiner eigenen Praxis selbstständig gemacht: Ich bin diplomierte Hypnose-Therapeutin, Trainerin für Autogenes Training und Mentaltrainerin.

Hier erfährst du (noch) mehr über mich.